Synästhetisches Design

Ich habe Synästhesie. Das ist zum Glück keine ansteckende Krankheit, sondern eine zusätzliche neuronale Verbindung zwischen einzelnen Sinnen im Gehirn. Das bedeutet, dass ich bestimmte Buchstaben mit ganz bestimmten Farben verbinde (Graphem-Farb-Synästhesie). Das gleiche gilt für Zahlen, Wochentage und Monate (Zeit-Raum-Synästhesie).

Und es wird noch ein wenig verrückter: Die Kombination aus Zahl und Farbe verbinde ich auch noch mit einem bestimmten Persönlichkeitsmerkmal (Person-Farb-Synästhesie). 


Ein paar Beispiele: In meiner Welt ist die acht lila, die Sieben grün und hinterlistig, der Mittwoch türkis und der Mai gelb. 


Diese Zusammenhänge habe ich mir nicht mal überlegt oder ausgedacht, im Gegenteil: Sie begleiten mich schon mein ganzes Leben. Der Moment war ziemlich überraschend, als ich herausgefunden habe, dass nicht jeder so denkt und sieht.
Nicht die coolste aller Superkräfte, aber ganz gut um sich Texte oder Zahlen zu merken. Alles was ich behalte, sehe ich vor meinem inneren Auge. Und das in bunten Zahlen und Buchstaben.

Nun habe ich mich in der Vorbereitung zu unserem Design & Research-Seminar gefragt, wie ich diese markante Eigenschaft von mir mit meiner Leidenschaft für Design verbinden könnte. Und bin sogar fündig geworden: Es gibt Musiker, die nach Farben (die sie mit Tönen verbinden) komponieren. Manche Maler wiederum geben das auf dem Papier wieder, was sie hören/vor ihrem inneren Auge dann sehen. Andere synthetische Designs beschäftigen sich nur mit Zahlen, andere legen den Schwerpunkt auf Farben.

Ich möchte im Laufe dieses Kurses herausfinden, was es alles schon für Künstler und Werke rund um das Thema “Synthetisches Design” gibt und meine eigene Nische für ein Kunstwerk finden.
Vorher will ich allerdings noch einen kurzen Abstecher in die Wissenschaft (Neurologie) machen und die Fragen klären: Was ist Synästhesie und wie entstehen diese Verbindungen im Gehirn, die einem doch eine ganz eigenen Blick auf die Dinge ermöglichen.


DAZU EINIGE QUELLEN:

Strobach, Miriam (2007): Ueber Synaesthesie: Und ihr Potenzial als Inspiriations- quelle. Graz.

Haverkamp, Michael (2009): Synaesthetisches Design: Kreative Produktentwicklung fuer alle Sinne. Muenchen.


Harrison, John (2009): Bekenntnisse eines Physikalisten oder Was ist Synaesthe- sie?. Heidelberg.


Jewanski, Joerg und Sidler, Natalia (2006): Farbe – Licht – Musik. Synaesthesie und Farblichtmusik


Hummeld, Caroline und Kees, Overbeeke (2006): Kinaesthesia in synaesthesia: The expressive power of gestures in design, in: Design and semantics of form and move- ment, in: Loe Feijs / Steven Kyffin / Bob Young, Design and semantics of form and movement, p. 58-67