User Experience im Sound Design

Das Buch „Wie User Experience in der Praxis wirklich funktioniert“, welches von ehemaligen Informationsdesign-Studierenden der FH Joanneum in ihrer Firma simplease geschrieben haben, beschreibt in drei übersichtlichen Teilen den Prozess des richtigen UX Designs. Dabei geht es im ersten Teil um das Finden von Problemen, die es wert sind, gelöst zu werden, welche im zweiten Teil dann schrittweise gelöst werden, um schlussendlich im dritten Teil darzustellen, wieso dennoch Produkte scheitern können und die Wege dies zu verhindern.

Bei User Experience (UX) geht es vereinfacht gesagt um das Entwickeln von einfachen, klaren und verständlichen Lösungen für Probleme. Als visuelles Beispiel nennt simplease die Metapher des Klebers, der die Einzelteile zusammenhält und einem die Möglichkeit bietet etwas sinnvolles Ganzes zu formen. Dieses Buch ist sehr einfach und verständlich geschrieben, sodass es vielen unterschiedlichen Menschen ermöglicht auf knapp 100 Seiten die Prozesse zum UX-Design kennen zu lernen., beispielsweise für Designer, Entwickler, Manager Start-ups, aber ebenso für Studenten, Familien und Freunde, die nicht in der Design Branche tätig sind. Simplease beschreiben ihre eigene Erfahrung im Business und wie sie selbst ihre Methoden an echten Beispielen bisher umgesetzt haben.

Es beginnt mit dem PROBLEM. Hierbei ist es besonders wichtig zuerst zu wissen, was das wirkliche Problem ist, bevor man Idealvorstellungen der Lösung umsetzt. Hierbei kann man mit der „5-Why-Methode“ vorgehen, um durch die W-Fragen die Ursache eines Problems zu bestimmen. Um die Fragen stellen zu können, muss man zunächst das richtige Klientel finden, welches dieses Problem hat. Dabei darf man eine aufgestellte Hypothese der Kunden, also die Wahrnehmung der Kunden mit dem Problem, nicht einer echten Kundenbefragung vorziehen, da diese Hypothese oftmals falsch und irreführend ist. Das resultierende Produkt soll schlussendlich das Problem lösen können.    

Zum LÖSEN des wirklichen Problems ist es wichtig in der frühen Phase mit Tests und Interviews anzufangen, um die Kosten der Fehlerbeseitigung gering zu halten. Hierbei haben simplease einen Prozess entwickelt, welcher folgende Schritte befolgt:

  • Recherche und Durchführung von Interviews
  • Ableiten von Verhaltensmustern und Personas
  • Schreiben von Szenarios und Anforderungen
  • Erstellen von Skizzen und Prototypen
  • Testen und schrittweises Überarbeiten
  • Launch einer minimalen Lösung (MVP)

Hierbei ist die Recherchephase nie vorbei und führt diesen Prozess in möglichst kleinen Abständen immer wieder durch. Beginnend mit Stakeholder-Interviews, bei welchem alle Entscheidungsträger anwesend sind, lässt sich am schnellsten einen Überblick über das gesamte Projekt bekommen. Bei den User-Interviews hingegen geht es um qualitative Interviews, d.h. die Erzählungen der Interviewten stehen im Mittelpunkt. Daraus werden gute Personas erstellt, welche einem im Kopf bleiben und den Mitarbeitern ihre Kunden näherbringen und helfen sie zu verstehen. Durch die Personas wird das gegenwärtige Problem dargestellt, welches man durch Szenarios zu einer zukünftigen Lösung führt. Szenarios sind ganze Geschichten über eine perfekte Interaktion aus Sicht der Kunden, d.h. Szenarios sind ähnlich wie Drehbücher für Filme. Prototypen sind die Weiterentwicklung von Skizzen, welche versuchen das Problem auf quantitative schnelle Art zu lösen. D.h. Skizzen sind viele unterschiedliche Ideen, wobei nicht auf das zeichnerische Detail geachtet wird. Hierbei geht es darum möglichst schnell einen testfähigen Prototyp zu entwickeln, der dann in die Testphase weiter übergeht. Der Prototyp muss noch nicht ausgereift sein, ist aber die ausführliche schriftliche Version der besten Skizze und wird dann durch Evaluation mit User-Testing-Interviews schrittweise überarbeitet.

„Je mehr Testschleifen man durchführt, desto besser wird das Endprodukt.“

Daraus resultiert die vorerst minimale Lösung, auch Minimum Viable Product (MVP) genannt, welche eine Version eines neunen Produkts ist, welches durch minimalen Aufwand viele neue Erkenntnisse ergibt.

Wichtig dabei ist, wie oben schon erwähnt, die Wiederholung – Iteration, da ma dadurch Probleme entdeckt und Lösungen entwickelt.

SCHEITERN können Produkte trotzdem. Dies geschieht, laut simplease, durch falsche Vorstellungen der Firmen, Selbstüberschätzung,

Deshalb ist es wichtig Brainstorming zu betreiben, um Ideen loszulassen, um den Kopf frei für neue Ideen zu machen, damit man sich nicht in eine Idee verrennt und darauf beharrt. Kritikfähigkeit ist in diesem frühen Stadium nämlich noch sehr wichtig, damit man nichts „falsches“ entwickelt. Selbstvertrauen ist generell wichtig, da es Kompetenz ausstrahlt, jedoch sollte dies nicht den „Besitztums-Effekt“ auslösen, welchen man auch schnell zu eigenen Ideen aufbaut. Deshalb ist es wichtig Fehler zu machen, da sie uns dabei helfen, unsere Selbsteinschätzung gegebenenfalls zu korrigieren. Es gibt auch einen Unterschied zwischen Perfektionismus und Perfektion, den man beachten muss. Perfektionismus behindert einen beim voran kommen, da man nur plant und arbeitet, aber nicht beginnt, wodurch Perfektionismus zur Prokrastination führt. Perfektion als Arbeitsziel zu haben, sollte jedoch nicht von Nachteil sein. Das MVP muss nicht perfekt sein, aber ein soweit funktionales fertiges Produkt, um es, mit der Hilfe der User selbst, weiter zu entwickeln.   

Zum Schluss haben simplease noch in ihrem Buch drei wichtige Punkte notiert, die das ganze Thema gut zusammenfasst:

„ 1. Durch den engen Kontakt mit deiner Zielgruppe findest du ein Problem, das es tatsächlich wert ist, gelöst zu werden, und kannst dir so einen „Dip” aussuchen, durch den es sich auch durchzutauchen lohnt.

2. Durch die iterative Arbeitsweise und schnelle Test- und Überarbeitungszyklen bleibst du ständig in Bewegung, entdeckst laufend neue Aspekte deines Produkts und bist somit ein schwereres Ziel für die eigene Paralyse.

3. Du entwickelst nicht die perfekte Lösung in Isolation, sondern erarbeitest kontinuierlich Verbesserungen an einer minimalen ersten Version und minimierst so das Risiko, vor zu wenig zeitlichen Ressourcen oder zu hohen technischen Herausforderungen zu kapitulieren.“

UXD für Sound Designer

Nachdem ich das Buch gelesen hatte, habe ich folgende Punkte auch für den „Sound Design“ – Bereich für wichtig erachtet. Feedback ist nicht nur im Endstadium wichtig, sondern, wie UXD deutlich zeigt, schon in den frühen Phasen und vor allem während dem Prozess wichtig. Zudem ist es wichtig am Anfang einen genauen Überblick über das gesamte Projekt zu bekommen und in Erfahrung zu bringen, was für eine „Lösung“ der Sound zu der Ganzheit liefert. Da viele Auftragsgeber anfangs nicht wirklich wissen was sie sich klanglich vorstellen, ist es wichtig viele unterschiedliche Klangbeispiele zu liefern, entweder selbst erstellte (aber mit wenig Zeitaufwand), oder in Form eins klanglichen Moodboards. Wahrscheinlich ist es hierbei von Vorteil mehr auf Moodboards mit Fremdsounds zu setzen, da es am wenigsten Zeit in Anspruch nimmt und man als Künstler noch nicht emotional mit den Sounds verbunden ist. Außerdem ist es wichtig in späteren Phasen zu testen, ob der Sound beim Kunden das erwünschte Ergebnis auslöst oder nicht, welches man durch User-Testing-Interviews realisieren könnte. Durch Earcons und auditive Icons sind viele Sounds schon für bestimmte Funktionen reserviert, welche genutzt werden können, um Wiedererkennung zu schaffen. Zudem ist es wichtig nicht nur mit Sound Kollegen das Sound Design zu testen, sondern auch mit Testpersonen, die nicht im Sound Bereich tätig sind und da nicht ihre Expertise sehen und trotzdem dieselben Schlüsse ziehen sollen. Deshalb ist hier besonders zu unterscheiden welchen Zweck man als Sound Designer bei der Befragung verfolgt – klangliches detailliertes Feedback mit Umsetzungsvorschlägen oder Erfahrung und Eindrücke der Wirkung des Sound Designs.

Projektimplementierung von UXD

In unserem Kurs „Sound and Interaction Design“ sollen wir in Form von einer Gruppenarbeit (in Kooperation mit Interaction Design) zur Entwicklung eines ausgeweiteten Soundabteils für Pocket Code mit Sound Synthese unsere Ideen beitragen. Die UXD Methoden sind hierfür sicherlich auch hilfreich, besonders in der Projektplanung und für das Zeitmanagement.

Quellen

https://simplease.at/
Buch: „Wie User Experience in der Praxis wirklich funktioniert“ von Stefan Rössler  (Autor), Markus Pirker  (Autor), Mathias Placho  (Autor), Andreas Riedmüller (Autor)