In Bezug auf “Vincent Goudard. 2019. Ephemeral instruments. Proceedings of the International Conference on New Interfaces for Musical Expression, UFRGS, pp. 349–354.“
Vincent Goudard schreibt in seinem Artikel über die Vergänglichkeit digitaler Musikinstrumente. Langlebigkeit werde üblicherweise als Qualitätsmerkmal angesehen und bereits im Designprozess berücksichtigt. Goudard stellt in Frage, ob die Vergänglichleit digitaler Musikinstrumente immer als Problem betrachtet werden sollte.
Zuerst einmal muss man feststellen, dass Musik als Klang inhärent vergänglich ist. Klang ist eine schwindende Schwingung, sobald keine Energie mehr zugeführt wird. Musik existiert nur für die Dauer ihrer Aufführung. Um Musik replizierbar zu machen, wurde sie in Form von Noten aufgeschrieben, Musikinstrumente wurden klassischerweise so stabil gebaut, dass viele Exemplare sogar Jahrhunderte überleben und innerhalb der jeweiligen Instrumentengruppen unterscheiden sie sich kaum in ihrer Klangcharakteristik.
Elektronische Instrumente hingegen altern recht schnell und werden durch Verwendung von Hochtechnologie wie Mikroprozessoren häufig eher ersetzt als repariert. Ähnliches gilt für Software: Nachhaltigkeit kann nicht gewährleistet werden, weil die technologischen Entwicklungen so schnell voran schreiten, dass sie wahrscheinlich schon bald nicht mehr mit aktueller Hardware oder Betriebssystemversionen kompatibel sein wird.
Selbst wenn man annimmt, dass eine musikalische Performance durch eine Aufnahme verewigt und reproduzierbar wird, finden sich Gegenargumente. Einerseits finden Neuinterpretationen statt, andererseits verändert sich der Kontext der Wiedergabe. Das beinhaltet diverse Aspekte von der verwendeten Technik und dem akustischen Raum, der die abgespielte Aufnahme beeinflusst, bis zu den gesellschaftlichen Entwicklungen, die die Interpretation des Musikstücks formen.
Letztendlich ist die Musikerin selbst vergänglich und ständiger Veränderung ausgesetzt. Ihr Wissen, ihre Gefühle, Bedürfnisse und musikalischen sowie physischen Fähigkeiten wandeln sich. Ein Instrument, das sich verändert und verändern lässt, hat daher viel Potenzial für Personalisierung, was zu sehr interessanten Performances führen kann. Der Musiker tritt in ein Spannungsfeld zwischen Spiel und Anpassung und ist immer dem Risiko ausgesetzt, dass etwas Unerwartetes passiert. David Zicarelli (Cycling ’74, Max/MSP), sagte dazu einmal: “I would only observe that in most high-profile gigs, failure tends to be far more interesting to the audience than success”.